Wer trägt die Kosten? 1


„Ich meine – ich bin doch die Beute! Ich profitiere nicht von dem System.“ – In der bitterbösen Satire über die Darstellung von Politik in den Medien diskutieren zwei Löwen, ein Aasgeier und ein einsames Zebra unter der Moderation einer Hyäne über Gerechtigkeit in einer Gesellschaft des Fressens und Gefressen-Werdens.

Bereits im Vorspann werden die Konventionen des Medien-Formats Talk-Show wunderbar zitiert: Ein auftrumpfender Musikteppich begleitet den Rundschwenk durch das Studio. Ein doku-mässiger Kurzspot verkauft umunstössliche Wahrheiten und ein donnernder Akkord mündet in aufbrausenden Applaus. Die angeblich „bewegende Frage“ der Show ist im Vorspann längst beantwortet und zu Beginn darf der Löwe seine Position darlegen. Die Löwin unterbricht ihren Gatten mit ein paar feministischen Spitzen und ist anschliessend ruhig. Die moderierende Hyäne verhindert im Interesse einer „geordneten Diskussion“ und „klarer Antworten“ jegliche eigenständige Äusserung des Aasgeiers und des Zebras, nutzt die „neutrale Position als Moderator“ zur Unterstützung des Löwen und kann auf diese Weise rasch einen „Konsens“ feststellen: Eine Steuererhöhung für Löwen „würde dieser Gesellschaft das Genick brechen“ und die Aaasfresser leisten bereits einen unverzichtbaren „Beitrag zur Kadaverentsorgung“. Folgerichtig sind die Kosten von der Beute zu tragen. Als das Zebra kleinlaut versucht, Einwände zu äussern, wird es mit einem gezielten Schlag der Löwin ausser Gefecht gesetzt. Das Publikum – lauter Beutetiere – reagiert mit einem tosenden Schluss-Applaus.

Bereits die ersten Eindrücke zum Setting dieses Animationsfilms sind so stark, dass es im Unterricht sinnvoll erscheint, den Schülerinnen und Schülern eine Möglichkeit zu geben, diese Eindrücke zunächst unmittelbar auszusprechen. Es bietet sich daher an, zunächst anhand eines Standbilds (z.B. 0’33“) das Setting des Films, die Zusammensetzung der Talk-Runde und die äussere Erscheinung der einzelnen Figuren zu betrachten und anhand dieser Beobachtungen einige Vermutungen anzustellen, worum es im Film gehen und in welche Richtung sich die Handlung entwickeln könnte.

Nach der Visionierung des Films sollte (evtl. in Murmelgruppen) Gelegenheit zum unmittelbaren Austausch über Eindrücke, Gefühle und Reaktionen sein. In der Gesamtgruppe können dann die vorab angestellten Vermutungen geprüft werden: Wo haben sich die Vermutungen bewahrheitet und wo wurden die Erwartungen nicht erfüllt? Dazu ist es möglicherweise sinnvoll, die einzelnen Schritte der Diskussion und die verschiedenen Interventionen des Moderators zu rekapitulieren.

Ausgehend von einer detaillierten Untersuchung der Gestaltung des Films und besonders der Filmfiguren gerät die Gleichnishaftigkeit des Films als Satire über Politik in den Medien  in den Fokus: Wie werden Löwe und Löwin, Aasgeier und Hyäne, wie das Zebra und die Beutetiere im Publikum präsentiert, wie agieren und interagieren sie? An welche Figuren, Verhaltensweisen und Abläufe aus realen TV-Talk-Shows bzw. aus gesellschaftlichen oder politischen Diskursen erinnert der Film? Welche Aussage macht der Film über Medien, Fernsehen, Talk-Shows, Moderatorinnen und Moderatoren, Journalistinnen und Journalisten? Wie lautet das Urteil des Films über öffentlich vor Publikum ausgetragene Diskussionen, über das Publikum, die (Medien-) Gesellschaft und über das Volk in der Demokratie?


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