A Single Life


"And you should get it right, that's what I'm saying, but go ahead and try" – Ein komisch-makaberer und dennoch augenzwinkernd-lebensfreundlicher Film über die Unmöglichkeit von Zeitreisen, über Lebensgestaltung, Einmaligkeit und Einzigartigkeit jedes Lebens.

Pia sitzt auf ih­rem Ses­sel und öff­net gros­sem Ver­gnü­gen den Piz­za-Kar­ton, nimmt ein Stück her­aus und … – aber da klopft es an die Tür. Also Türe auf: Nie­mand da, nur ein klei­nes Päck­chen. O, was mag das sein? Pia macht es sich wie­der ge­müt­lich auf dem Ses­sel und öff­net das Päck­chen: Eine klei­ne Sin­gle-Schall­plat­te, der Song auf Sei­te A heisst "A Sin­gle Life". Sie springt auf, legt die Sin­gle auf den Plat­ten­spie­ler und senkt die Na­del ir­gend­wo mit­ten in den Song. Ganz lu­sti­ge Mu­sik! Aber da macht Pia eine Ent­deckung …

So eine Zeit­rei­se in die Zu­kunft oder die Ver­gan­gen­heit ist in­ter­es­sant, zum Schrei­en ko­misch oder auch ein we­nig an­stren­gend. Aber dann geht al­les sehr rasch und das Ende ist nicht mehr auf­zu­hal­ten.

Der lu­sti­ge und et­was ma­ka­be­re Film eig­net sich schon zur Be­ar­bei­tung mit Kin­dern ab ca. 8 Jah­ren. Aber auch Äl­te­re kön­nen den Film zum An­lass neh­men, um über Zeit­rei­sen in die Ver­gan­gen­heit oder in die Zu­kunft zu phan­ta­sie­ren, um über Schö­nes und Un­schö­nes im Le­ben nach­zu­sin­nen, oder über Le­bens­zeit, Ein­ma­lig­keit und End­lich­keit nach­zu­den­ken.

Für den Un­ter­richt bie­tet sich die Be­ar­bei­tung des Films mit Schall­plat­ten, ins­be­son­de­re Sin­gles an. Im Ide­al­fall ge­schieht dies mit der Sin­gle der Film­mu­sik: Hap­py Cam­per feat. Pien Feith, A Sin­gle Life. (Die Sin­gle ist für Un­ter­richts­zwecke bei mir aus­leih­bar – im Um­kreis von Bern; und ich möch­te zu­schau­en.)

Trotz des ak­tu­el­len Re­vi­vals der Schall­plat­te wer­den ei­ni­ge Kin­der das Me­di­um even­tu­ell gar nicht ken­nen. Da­her mag es sinn­voll sein, be­reits vor der Vi­sio­nie­rung des Films eine Sin­gle mit ei­nem Plat­ten­spie­ler ab­zu­spie­len und ei­ni­ge Tücken und Tricks zu de­mon­strie­ren: Die Na­del mit­ten im Stück auf­set­zen oder den Plat­ten­tel­ler an­hal­ten, mit der Hand die Ge­schwin­dig­keit va­ri­ie­ren oder so­gar die Plat­te rück­wärts dre­hen, auf den Bo­den stamp­fen und die Na­del sprin­gen las­sen etc.

Nach der Vi­sio­nie­rung und der er­sten Ver­ar­bei­tung in Mur­mel­grup­pen soll­te zu­nächst si­cher­ge­stellt wer­den, dass alle Zu­schaue­rin­nen und Zu­schau­er ver­ste­hen, was die üb­li­chen Er­fah­run­gen mit Schall­plat­ten sind, um dann über die Be­son­der­heit der im Film ge­zeig­ten Sin­gle aus­tau­schen zu kön­nen. Wie bei al­len Fil­men lohnt sich auch hier ein sorg­fäl­ti­ger Durch­gang durch die Film­hand­lung: Piz­za es­sen, Mut­ter wer­den, Kind sein, Alt sein, ster­ben.

Aus­ge­hend von der zen­tra­len Film­idee, dass Pias Le­ben ge­wis­ser­mas­sen auf ei­ner Sin­gle ab­ge­bil­det ist, lässt sich dann span­nend über Zeit­rei­sen phan­ta­sie­ren: Wie wäre es, wenn ich – auf mei­ner Sin­gle – noch ein­mal zu­rück­sprin­gen könn­te in mei­ne Kind­heit oder vor­wärts in mein Er­wach­se­nen­al­ter oder in mein ho­hes Al­ter? Wel­che zu­rück­lie­gen­den Le­bens­er­fah­run­gen wür­de ich gern noch ein­mal "ab­spie­len", wel­che ak­tu­el­len oder künf­ti­gen Er­fah­run­gen wür­de ich lie­ber "über­sprin­gen"?
Und: Ist es ei­gent­lich be­dau­er­lich oder gut, dass es im Le­ben tat­säch­lich kein "Zu­rück­sprin­gen" und kein "Über­sprin­gen" gibt, dass das Le­ben ein­zig­ar­tig und nur in eine Rich­tung ge­lebt wer­den kann?
Oder gibt es das doch? Le­ben mit ei­nem Sprung in der Plat­te: Im­mer wie­der das­sel­be? Über­sprun­ge­ne Le­bens­er­fah­run­gen: Er­hofft und er­sehnt, aber schmerz­haft un­ge­lebt?
Und was wäre ei­gent­lich auf der B‑Seite mei­ner Sin­gle?

Auch die Film­mu­sik lohnt eine nä­he­re Un­ter­su­chung. Eine voll­stän­di­ge Ver­si­on des Songs fin­det sich im You­Tube-Ac­count von Ex­cel­si­or Re­cor­dings:

Der Song­text stammt eben­falls von den drei Fil­me­ma­chern Job, Jo­r­is & Ma­rie­ke und bie­tet ei­ni­ge Ent­deckun­gen zu­sätz­lich zum Film. (Ich fin­de den Text mo­ra­li­scher als den Film.) Der Ap­pell des Tex­tes "you should get it right" etc. könn­te durch­aus auch im Un­ter­richt be­dacht und be­ar­bei­tet wer­den: Wie will ich le­ben An­ge­sichts des­sen, dass ich mein Le­ben nur ein­mal le­ben kann, dass mein Le­ben end­lich und zer­brech­lich ist?
Und wenn das zu schwer und zu hart wird, hilft ne­ben dem im­mer au­gen­zwin­kern­den Film auch die eher spie­le­ri­sche Wen­dung "but go ahead and try". Der Text ist auch mit we­ni­gen Eng­lisch-Kennt­nis­sen gut ver­ständ­lich, da­her hier die eng­li­sche Ori­gi­nal­ver­si­on:

You might think your time
Is never en­ding
But a sin­gle life
Is what you're ge­t­ting
And you should get it right
That's what I'm say­ing
But go ahead and try

Just a sin­gle life
You know the­re won't be
A se­cond time

Slow down, take it slow
Be­fo­re you got­ta go
Be­wa­re, if you blow it
You know you got­ta go

Time and again you're try­ing to stall
But the en­ding is ine­vi­ta­ble

Slow down, take it slow
Be­fo­re you got­ta go
Be­wa­re, if you blow it
You know you got­ta go

Just a sin­gle life
You know the­re won't be
A se­cond time

Job, Jo­r­is & Ma­rie­ke

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