Denken Sie gross – Deichkind


"Hier geht's um Höher, Schneller, Weiter!" – Ein Musikvideo über die masslose Hohlheit des Erfolgsstrebens: Der Songtext als Kaskade von abgedroschenen Sprüchen eines Karriere-Coachs wird filmisch genial umgesetzt in einer sinnlos hypertrophen, monströs explodierenden Bilderwelt – die nachmittägliche Vergnügung eines Halbwüchsigen.

Ein eng­lisch spre­chen­der "Di­gi­tal Na­ti­ve" be­grüsst zu sei­nem Tu­to­ri­al, in dem er zeigt, wie man ein "Award win­ning Mu­sic Vi­deo" macht (Er­folg­reich üb­ri­gens: MuVi Award Ober­hau­sen 2015). Und dann geht es ab: "Heu­te ist der Tag: Jetzt geht es end­lich los, sie er­rei­chen Ihre Zie­le! Ein biss­chen Grös­sen­wahn­sinn kann nicht scha­den, und auf ein­mal kön­nen Sie flie­gen. Ge­ben Sie nicht auf und le­ben Sie den Traum, da­für muss man kein Ge­nie sein. In je­dem Men­schen steckt ein Vi­sio­när, set­zen Sie die En­er­gie frei!" Sämt­li­che Sprü­che aus der schö­nen neu­en Welt des be­ruf­li­chen Kar­rie­re­we­sens gibt's rechts und links um die Oh­ren. Auch bild­sprach­lich wird mit di­gi­ta­lem Ge­schwur­bel Gros­ses ge­lei­stet. Das kann viel­leicht nicht je­der, aber je­des Kind: Al­les breit, dick, fett und rie­sen­gross, un­glaub­lich, fu­tu­ri­stisch! Zwi­schen­durch schaut die Mut­ter des Kna­ben ins Zim­mer: No mes­sing around, do your ho­me­work! – Das tut er doch. Mon­strös!

Das Mu­sik­vi­deo spricht weit ver­brei­te­te Vor­stel­lun­gen, Wün­sche und Kli­schees über be­ruf­li­che und per­sön­li­che Zu­kunfts­aus­sich­ten an und eig­net sich da­her be­son­ders für die Ar­beit in Ober­stu­fen­klas­sen, de­ren Schü­le­rin­nen und Schü­ler sich mit der Be­rufs­wahl be­schäf­ti­gen. Dazu könn­te zu­nächst der Text auf eine Sub­stanz der ver­schie­de­nen Ver­spre­chun­gen un­ter­sucht wer­den. Wel­ches Bild vom Men­schen und von der Welt zeich­net der Text? Wel­che Be­deu­tung hat das Ich ge­gen­über Mensch­heit, Um­welt, Schöp­fung? Was sind aus Sicht der Schü­le­rin­nen und Schü­ler viel­ver­spre­chen­de Stra­te­gien für eine be­ruf­li­che und per­sön­li­che Ori­en­tie­rung? Und wel­che Kar­rie­re- und Er­folgs- und Zu­kunfts­hoff­nun­gen sind mög­li­cher­wei­se an­ge­bracht und rea­li­stisch?

Die Rah­mung des Vi­de­os mit dem be­sten­falls zwölf­jäh­ri­gen Kna­ben bie­tet mit der Fra­ge nach "Di­gi­tal Na­ti­ves" ein zu­sätz­li­ches The­ma: Wie kommt das bei den Schü­le­rin­nen und Schü­lern an? Ent­spricht das dem Selbst­bild der Ju­gend­li­chen? Wel­che Zu­kunfts­hoff­nun­gen ver­bin­den die Schü­le­rin­nen und Schü­ler mit dem Er­wach­sen- und Wirk­sam­wer­den ih­rer Ge­ne­ra­ti­on?

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