Fears


„wenn mirs nur gruselte! wenn mirs nur gruselte!“ – Wenn heute einer auszöge, das Fürchten zu lernen, so zeigt es dieser Film: Er müsste gar nicht weit laufen, hätte keine Abenteuer zu bestehen und würde wohl auch keine Prinzessin heiraten. Schon an der nächsten Strasse könnte er lernen, was das ist: Furcht.

Ein jun­ger Mann mit Ruck­sack steht nach Tou­ri­sten-Ma­nier in ei­ner frem­den Stadt und macht Sel­fies mit sei­nem Mo­bil­te­le­fon. Als er ein Bild be­trach­tet, traut er sei­nen Au­gen kaum: Auf dem Foto ha­ben alle Pas­san­ten um ihn her­um ein klei­nes schwar­zes We­sen auf der Schul­ter sit­zen: Ge­spen­ster? In drei kur­zen Sze­nen wird ge­zeigt, wo­vor die Men­schen Furcht ha­ben: Ein Mann mit Schlips fürch­tet sich, auf ei­ner Büh­ne zu vie­len Leu­ten zu spre­chen. Eine Dame mit Mops fürch­tet sich vor dem Stecken­blei­ben im Lift. Und ein Kerl mit er­heb­li­chen Mus­keln fürch­tet sich vor ei­ner Maus! Nur der ju­gend­li­che Tou­rist hält rat­los Aus­schau nach sei­nem per­sön­li­chen klei­nen schwar­zen We­sen auf der Schul­ter. Erst über ei­nen schmerz­haf­ten Um­weg lernt er es ken­nen – und lie­ben!

Der Film hat eine et­was ein­sei­ti­ge Vor­stel­lung da­von, was in die­ser Welt wirk­lich zum Fürch­ten ist: In der zi­vi­li­sier­ten Welt letzt­lich wohl doch nur der Stras­sen­ver­kehr, und das mag ja ir­gend­wie auch wie­der be­ru­hi­gend sein. Und doch geht es nicht um den Stras­sen­ver­kehr, son­dern um ein viel ele­men­tar­e­res The­ma: Furcht. Es ist wohl sinn­voll, die üb­li­che se­man­ti­sche Un­ter­schei­dung von Furcht (vor et­was) und (dif­fu­ser) Angst ein­zu­füh­ren und sich hier zu be­schrän­ken: Sich Fürch­ten – be­reits das ist nicht nur kul­tur­ge­schicht­lich, son­dern auch er­fah­rungs­welt­lich er­gie­big und da­her ziem­lich an­spre­chend.

Im Un­ter­richt könn­te zu­nächst der Film un­ter­sucht wer­den: Wie wird die Furcht fil­misch ins Bild ge­setzt? Wel­che ver­schie­de­nen Er­schei­nungs- und Wir­kungs­wei­sen der Furcht zeigt der Film? Und wel­che Qua­li­tät kann die Furcht ha­ben? War­um um­armt der jun­ge Mann sei­ne Furcht am Ende des Films?

Die Ana­ly­se des Films führt dann schnell ein­mal zu den ei­ge­nen Er­fah­run­gen: Kann auch ich ver­schie­de­nen Er­schei­nungs- und Wir­kungs­wei­sen oder ver­schie­de­nen Qua­li­tä­ten des Fürch­tens un­ter­schei­den? Wie gehe ich mit mei­ner Furcht um? Über­win­den oder um­ar­men?

Na­tür­lich kann auch das gan­ze Wort­feld un­ter­sucht wer­den: Wie un­ter­schei­den sich Furcht und Angst? Was ist Gru­seln, was Schau­der, was Angst­lust? Was ist Grau­sen, Hor­ror, Ent­set­zen oder Pa­nik? Was ist Klein­mut, Feig­heit? Was Be­fürch­tung und Sor­ge? Oder was ist Re­spekt, was Ach­tung und An­er­ken­nung?

Ein kul­tur­ge­schicht­li­cher Klas­si­ker ist das Grimm'sche Mär­chen "Von ei­nem der aus­zog, das Fürch­ten zu ler­nen". Der Text fin­det sich z.B. bei wik­is­our­ce: de.wik­is­our­ce.org/wiki/Mährchen_von_einem,_der_auszog_das_Fürchten_zu_lernen_(1857)

Die Wir­kungs­ge­schich­te die­ses Mär­chens ist knapp nach­ge­zeich­net bei wi­ki­pe­dia: de.wikipedia.org/wiki/Märchen_von_einem,_der_auszog_das_Fürchten_zu_lernen

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