Hiyab


„Wo kämen wir hin, wenn jeder in der Bekleidung seiner Religion herumliefe?“ – Eine gute Frage eigentlich, die jedoch wie üblich gleich mitbeantwortet wird. Doch der Film hält die Frage offen und regt an zu einem Gespräch über Kopftuch und die Sichtbarkeit von Religion in Schulen und öffentlichem Raum.

Das etwas genervte Seufzen der Direktorin an Fatimas neuer Schule macht es sofort deutlich: Die Diskussion über Fatimas Kopftuch geht bereits über einige Runden. Fatima hat die Diskussion zwar auch zu Hause schon geführt, aber nun lässt die Direktorin es gar nicht als Ausdruck von Identität, Modebewusstsein oder persönlicher Schutzbedürftigkeit gelten, sondern verbindet Fatimas Kopftuch mit der Gefährdung der Menschenrechte. So tritt Fatima ohne Kopftuch ins Klassenzimmer und steht vor ihrer neuen Klasse: Ein buntes und plurales Durcheinander von Frisuren, Kappen, Haarbändern, Tüchern.

Hier zunächst die YouTube-Version, spanisch mit englischen Untertiteln:

In einer Klasse, für die es auch in spanisch geht, würde ich die vimeo-Version bevorzugen, spanisch ohne Untertitel, dafür in besserer Bildqualität:

Wenn eine deutsch untertitelte oder synchronisierte Version erforderlich ist, muss die DVD herangezogen werden.

Im Unterricht wäre zunächst die kunstvolle Dreiteilung des Films zu betrachten: Die zentrale Diskussion zwischen Fatima und der Direktorin ist eingebettet in zwei Bilderreigen einer multikulturellen und -religiösen Welt, zunächst in der Umgebung der Schule, dann auch innerhalb des Klassenzimmers. Es wäre möglich, zunächst nur den ersten und dritten Teil des Films zu sichten, eventuell in zwei Gruppen, um auf Grund der beiden Filmteile eine Beschreibung der filmisch gezeigten pluralen Gesellschaft und der entsprechend pluralen Zusammensetzung einer Schulklasse zu versuchen.

Eingebettet in die beiden Panoramen ist die Diskussion zwischen Fatima und der Direktorin, die einerseits auf diese Gesellschaft und diese Klasse bezogen ist und andererseits absurd erscheinen mag Angesichts der überall unübersehbaren Heterogenität: Aus welchen Gründen möchte die Direktorin kein Kopftuch in der Schule? Aus welchen Gründen möchte Fatima ihr Kopftuch ungern ablegen? Ist ihr Kopftuch tatsächlich ein demonstrativ zur Schau getragenes religiöses Symbol?

Schliesslich kann auch die aktuelle politische Diskussion aufgenommen werden: Welche Argumente für und wider Kopftuch kennen die Schülerinnen und Schüler? Wie ist die aktuelle gesetzliche Lage betreffend Kopftuch und Kopfbedeckungen, betreffend Burka und anderer religiöser Bekleidung, betreffend religiöser Symbole in der Öffentlichkeit? Wo liegen möglicherweise die Gefahren solcher Bekleidung und Symbole für die Gesellschaft und für einzelne Personen?

Die rhetorische Frage der Direktorin könnte auch mit dem folgenden kurzen Text von Kurt Marti bearbeitet werden (zitiert nach de.wikiquote.org/wiki/Kurt_Marti):

Wo chiemte mer hi
wenn alli seite
wo chiemte mer hi
und niemer giengti
für einisch z’luege
wohi dass me chiem
we me gieng.

Kurt Marti

Wo kämen wir hin,
wenn alle sagten,
wo kämen wir hin,
und niemand ginge,
um einmal zu schauen,
wohin man käme,
wenn man ginge.

Kurt Marti

Die von éducation21 produzierten DVDs „Bilder im Kopf. Klischees, Vorurteile, Kulturelle Konflikte“ und „Film ab für BNE. 9 Kurzfilme zum Einstieg in Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ mit nichtgewerblich-öffentlichem Vorführrecht (Ö-Recht) enthalten neben dem Film (wahlweise in deutscher Synchronisation oder mit deutschen, französischen oder englischen UT) die auch online zugänglichen Begleitmaterialien von Birgit Henökl-Mbwisi.

Bibliothekarische Bestellung des Films

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