Altersempfehlung: ab 13 Jahren


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"a photograph that one has taken of oneself, typically one taken with a smartphone or webcam and uploaded to a social media" – Claudius Gentinetta zeigt ein Panorama der Lebenswelten von Insta-Agers Mit Vo­gel-Ge­zwit­scher, Steel­gui­tar-Sound und Smart­phone-Touch eta­bliert der Vor­spann das Set­ting des Films: Wir schau­en mal ganz ent­spannt ein paar Bil­der durch. Das dar­auf fol­gen­de drei­mi­nü­ti­ge Ge­wit­ter von locker 200+ Bil­dern zeigt die Le­bens­wel­ten von In­sta-Agers – ge­wis­ser­mas­sen von der Lie­ge bis zur Bah­re: Fe­ri­en, Strand, Na­tur, Ri­si­ko, Ge­fahr, Flucht, Ret­tung, Asyl, Po­li­tik, News (auch auf der Toi­let­te), Ent­blös­sung, Par­ty, Pro­mis, Event, Ad­ven­ture, Sex, schwan­ger, Ge­burt, […]

Selfies


"Une équation qui ne tourne pas rond" – Das Musikvideo ermöglicht einen guten Zugang zur unterrichtlichen Auseinandersetzung mit dem vermeintlich schweizerischen Premium-Produkt Schokolade und den Produktionsbedingungen und Handelsbeziehungen des Schokoladen-Rohstoffs Kakao. Wie von Gei­ster­hand spielt das Kla­vier – weis­se Ta­sten und schwar­ze Ta­sten ganz aus Scho­ko­la­de. Das ist lu­stig und ir­gend­wie auch eke­lig. Eben­falls der ein­set­zen­de Kon­tra­bass ist aus Scho­ko­la­de, da­hin­ge­streckt am Bo­den. Al­les aus Scho­ko­la­de, sonst nur grau­er Kar­ton. Vers eins, ein scho­ko­la­den­ver­schmier­tes Ge­sicht rappt fran­zö­sisch durch das Loch in der Kar­ton­wand. Kein Gang­sta-Rap, kei­ne Um­gangs­spra­che, son­dern sorg­fäl­tig for­mu­lier­te Spra­che, ge­stal­te­te Ver­se, geist­reich, hin­ter­sin­nig und […]

Petit Carré – Jonas



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"… da war es nur noch eins!" (wie im unsäglich-unsingbaren Kinderlied) – Mit einem Mix aus Animation und Realfilm konfrontiert Fabio Friedli abstrakte Vorstellungen von Flucht und Asyl mit der Wirklichkeit von flüchtenden Menschen: Ein Plädoyer für Humanität. Ani­ma­ti­on: Ku­gel­schrei­ber auf Zei­chen­pa­pier, wie eine Ka­ri­ka­tur hin­ge­krit­zelt, stark re­du­ziert und et­was sa­lopp. Durch die Wü­ste fährt ein Last­wa­gen, dar­auf Ge­päck und zahl­lo­se Strich­männ­chen, ab­surd ge­türmt bis an den Him­mel. Es ist ge­ra­de­zu un­ter­halt­sam, wie die Fi­gu­ren durch ver­schie­de­ne Um­stän­de und Er­eig­nis­se nach und nach de­zi­miert wer­den, amü­sant, wie sie in der Ach­ter­bahn schrei­en, sich an der Son­ne ver­sen­gen […]

Bon Voyage


"Eine moderne Jeanne D'Arc" – Das Mädchen von nebenan erscheint als Heldin in silberglänzender Rüstung, wenn sie den arg betrunkenen jungen Mann aus dem feindlichen Umfeld einer ausser Kontrolle geratenen Party rettet. Das temporeiche Musikvideo gewinnt seine Kraft vor allem durch seine überraschenden Geschlechterbilder. Der Jüng­ling, der da im Halb­dun­kel ei­ner wil­den Par­ty auf ei­nem Bil­lard­tisch steht, ist nicht mehr ganz so gut dran. Ge­mein­sam mit der schep­pern­den und im­mer lang­sa­mer lau­fen­den Ton­spur setzt auch er schliess­lich aus und bricht kra­chend auf die Tisch­flä­che. – Me­an­while out­side (schö­ne Ton-Bild-Mon­ta­ge): Eine jun­ge Frau tritt hef­tig und ent­schlos­sen ge­gen den […]

Up All Night – Beck



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"impasse [ɛ̃'pa:s] f – Sackgasse f; Abstellgleis n; fig. Klemme f." – Mit den Qualitäten eines Stummfilms lotet dieser Kurzfilm das Spannungsfeld von Liebe und Rassismus aus. Die Begegnung zwischen zwei Menschen beginnt verheissungsvoll und endet doch rätselhaft in einer Sackgasse. Erst am Ende wird deutlich, welche Klemme auf das Abstellgleis geführt hat. Ein jun­ger Mann sitzt in der U‑Bahn und schaut aus dem Fen­ster, sein Blick ist eher ge­gen in­nen ge­wandt. Je­mand legt sein Ge­päck auf den frei­en Platz ge­gen­über. Eine Frau, etwa gleich­alt­rig, dun­kel­häu­tig, in ei­nem glän­zen­den blau­en Ober­teil, das ihre weib­li­che Fi­gur be­tont. Der Mann schaut in­ter­es­siert, of­fen­bar be­müht, nicht […]

Impasse


"MANTRA chronicles the dangerous obstacles refugees FACE on their journeys to reach safer harbors." – Das so irritierende wie aufwühlende Musikvideo verknüpft den kraftvollen Track von Noisia mit ziemlich realistischen Bildern von Flucht, Migration und der europäischen Asylpraxis. Ein nicht voll­ende­ter und un­fer­tig her­un­ter­ge­kom­me­ner Neu­bau: In der kreis­run­den Auf­fahrt zum Park­haus liegt ein ver­dreck­ter und ver­knit­ter­ter Uni­on Jack. Der Wind er­fasst und trägt ihn mit sich in die Höhe. Im In­nern des Ge­bäu­des über­all Bau­schutt, auf­ge­ris­se­ne Wän­de, her­un­ter­hän­gen­de Ka­bel und: kau­ern­de Men­schen, ver­steckt, war­tend, lau­ernd – auch die Mu­sik. Ge­mein­sam mit der sich lang­sam und macht­voll ent­wickeln­den Dy­na­mik des Noi­sia-Tracks kom­men […]

Mantra – Noisia



Tief durchatmen zur Erlösung, und loslassen. – Für Freunde der verbreiteten Vorstellung, das Himmelreich sei schon auf Erden zu haben, ganz nach individuellen Wünschen möblierbar und eigentlich nur eine Frage des persönlichen Engagements, ist dieser schöne Film eine ziemliche Horrorvision. Stel­len wir uns vor, un­se­re Exi­stenz be­stehe aus ei­ner Se­rie be­deu­tungs­lo­ser Ab­läu­fe: Schlaf, Es­sen, Ar­beit, Es­sen, Fern­se­hen, Schlaf, Es­sen, Ar­beit, Es­sen, Fern­se­hen, Schlaf … Auch Nah­rung, Klei­dung, Häu­ser, Au­tos, Flug­zeu­ge, ja so­gar Men­schen, Ar­beit und Kunst exi­stier­ten aus­schliess­lich in Se­rie. Mehr noch: Das Le­ben selbst sei ein ein­zi­ges again, noch ein­mal. Die­ser Film er­kun­det, wie es wäre, wenn: Die Haupt­fi­gur macht die zen­tra­le Er­kennt­nis über ihre Exi­stenz im Vi­deo­spiel, in […]

Again


"Erst als ausländische Staaten intervenierten, die Schweiz um ihre Handelsbeziehungen fürchtete und sich liberale Kantone für die Emanzipation einsetzten, änderte sich die Situation: 1866 wurden die Juden durch eine Volksabstimmung endlich gleichgestellt." – 150 Sekunden über 150 Jahre Gleichberechtigung der Juden in der Schweiz. Der do­ku­men­ta­ri­sche Ani­ma­ti­ons­film zeich­net die Ge­schich­te der Ju­den in der Schweiz von der Spät­an­ti­ke bis heu­te nach: Rö­mer­zeit, Mit­tel­al­ter und Pest, Dis­kri­mi­nie­rung, Ver­nich­tung und Ver­trei­bung, ab Ende des 18. Jahr­hun­derts Ghet­toi­sie­rung in den Ju­den­dör­fern Len­gnau und En­din­gen, Bun­des­ver­fas­sung 1848, Gleich­stel­lung 1866, Schächt­ver­bot 1893, Auf­blü­hen der jü­di­schen Ge­mein­den um die Jahr­hun­dert­wen­de und Zio­ni­sten­kon­gress […]

Schweizer Juden: 150 Jahre Gleichberechtigung



"Dein Leben nervt; probier Super Life!" – Der Animationsfilm über ein nur 46 Sekunden kurzes "Super-Leben" kommt als Teaser für ein fiktives Arcade-Game daher und verbindet die 8‑Bit-Ästhetik der 80er-Jahre mit einem Smartphone-kompatiblen Bildformat. Doch nicht nur formal, sondern auch inhaltlich hat das Filmchen einiges zu bieten – wenn auch alles arg schnell geht. Der Kurz­film zeigt fünf Spiel-Le­vels aus dem fik­ti­ven Ar­ca­de-Game "Su­per Life": Das Le­ben be­ginnt bei ei­nem schla­fen­den Säug­ling und der blin­ken­den Auf­for­de­rung "press start". In­ner­halb der Spiel-Lo­gik geht es um das Er­rei­chen von Le­vels (Kid, Teen, Adult, El­der), wäh­rend der He­alth-/Li­fe-Score (hier als Herz­chen) nie­mals auf […]

Super Life


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"Ich meine – ich bin doch die Beute! Ich profitiere nicht von dem System." – In der bitterbösen Satire über die Darstellung von Politik in den Medien diskutieren zwei Löwen, ein Aasgeier und ein einsames Zebra unter der Moderation einer Hyäne über Gerechtigkeit in einer Gesellschaft des Fressens und Gefressen-Werdens. Be­reits im Vor­spann wer­den die Kon­ven­tio­nen des Me­di­en-For­mats Talk-Show wun­der­bar zi­tiert: Ein auf­trump­fen­der Mu­sik­tep­pich be­glei­tet den Rund­schwenk durch das Stu­dio. Ein doku-mäs­si­ger Kurz­spot ver­kauft um­un­stöss­li­che Wahr­hei­ten und ein don­nern­der Ak­kord mün­det in auf­brau­sen­den Ap­plaus. Die an­geb­lich "be­we­gen­de Fra­ge" der Show ist im Vor­spann längst be­ant­wor­tet und zu Be­ginn darf der […]

Wer trägt die Kosten?



"Wovon singen Maschinen?" – Die hier filmisch dokumentierte Installation ist eigentümlich berührend und zutiefst erschütternd. Sie wirft zunächst ein betrübliches Bild auf die menschliche Vorliebe für schwülstige Balladen und ihre mediale Inszenierung. Vor allem stellt sie einigermassen schmerzhafte Fragen nach Wirklichkeit, Echtheit, Wahrheit und danach, was den Mensch zum Mensch macht. Der Raum weiss-grau im Kunst­mu­se­ums-Style: zwei sach­lich-schwar­ze Me­tall­stän­der, die ei­nen eben­falls schwar­zen Com­pu­ter-Mo­ni­tor tra­gen – auf der Höhe ei­nes mensch­li­chen Kopfs. Da­vor sorg­fäl­tig aus­ge­rich­tet ein Mi­kro­phon-Stän­der mit Mi­kro­phon, schwarz. Die­se Ma­schi­ne singt: Auf schwar­zem Grund schreibt sie mit ei­ner weis­sen Re­tro-Com­pu­ter­schrift den Song­text auf den Screen. Und […]

What do machines sing of?


"Hier geht's um Höher, Schneller, Weiter!" – Ein Musikvideo über die masslose Hohlheit des Erfolgsstrebens: Der Songtext als Kaskade von abgedroschenen Sprüchen eines Karriere-Coachs wird filmisch genial umgesetzt in einer sinnlos hypertrophen, monströs explodierenden Bilderwelt – die nachmittägliche Vergnügung eines Halbwüchsigen. Ein eng­lisch spre­chen­der "Di­gi­tal Na­ti­ve" be­grüsst zu sei­nem Tu­to­ri­al, in dem er zeigt, wie man ein "Award win­ning Mu­sic Vi­deo" macht (Er­folg­reich üb­ri­gens: MuVi Award Ober­hau­sen 2015). Und dann geht es ab: "Heu­te ist der Tag: Jetzt geht es end­lich los, sie er­rei­chen Ihre Zie­le! Ein biss­chen Grös­sen­wahn­sinn kann nicht scha­den, und auf ein­mal kön­nen […]

Denken Sie gross – Deichkind



"Hals über Kopf" oder "Kopf über Hals"? – In einer Partnerschaft zwischen zwei Menschen können oben und unten und richtig und falsch bisweilen einigermassen durcheinander geraten, so dass die Frage nach dem festen Boden nicht mehr leicht zu beantworten ist. Kurz vor dem Wecker­klin­geln er­wacht ein äl­te­rer Mann, er horcht und setzt sei­ne Bril­le auf. Im an­de­ren Bett liegt sei­ne Frau, trotz des Klin­geln des Weckers ne­ben ihr schläft sie see­len­ru­hig. Er schlägt mit sei­ner Faust an die Wand und ir­gend­wo fällt der Wecker zu Bo­den. Wort­los be­ginnt eine lan­ge ein­ge­spiel­te, lieb­lo­se Ta­ges­rou­ti­ne. Eine un­ter­schwel­li­ge Ag­gres­si­on drückt […]

Head over Heels


"between afterlife and her real life" – Eine mit viel Humor und Liebe erzählte und äusserst sorgfältig gestaltete Geschichte über Demenz: Von der Grossmutter, für die Vergangenheit und Gegenwart ein wenig durcheinander geraten, oder: für die afterlife und past life friedlich zueinanderfinden. Mit­ten in der Nacht steht die alte Mut­ter in der von den rot­glü­hen­den Plat­ten ih­res Kü­chen­herds be­leuch­te­ten Kü­che und te­le­fo­niert ih­rem er­wach­se­nen Sohn: "er lässt sich nicht mehr ab­dre­hen!" Der Sohn trifft ein und er­klärt der Mut­ter "zum 127. Mal" die Be­die­nung des Herds. Auf die Nach­fra­ge des Soh­nes be­tref­fend der in der Stu­be ge­deck­ten Ta­fel […]

Der Besuch



"Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte, Anfang und Ende." (Offenbarung 22,3) – Der biblische Text wird in diesem Film mal etwas anders interpretiert als üblich und lässt dabei biblische Vorstellungen hinter sich. Ein Mann fällt vom Him­mel, nackt, in eine lee­re Welt. Er schaut sich um im Nichts, scheint in der Fer­ne et­was zu ent­decken und schrei­tet ent­schie­den vor­an. Mit je­dem sei­ner Schrit­te spriesst das Gras am We­ges­rand aus dem Lee­re. Zü­gig vor­an­schrei­tend fin­det er nach und nach Klei­der, Ak­ten­ta­sche, Auto, Ein­fa­mi­li­en­haus, Fa­mi­lie, Hund und sei­nen Ar­beits­platz. Am We­ges­rand spries­sen nun […]

Ego Sum Alpha Et Omega


"Wo kämen wir hin, wenn jeder in der Bekleidung seiner Religion herumliefe?" – Eine gute Frage eigentlich, die jedoch wie üblich gleich mitbeantwortet wird. Doch der Film hält die Frage offen und regt an zu einem Gespräch über Kopftuch und die Sichtbarkeit von Religion in Schulen und öffentlichem Raum. Das et­was ge­nerv­te Seuf­zen der Di­rek­to­rin an Fa­ti­mas neu­er Schu­le macht es so­fort deut­lich: Die Dis­kus­si­on über Fa­ti­mas Kopf­tuch geht be­reits über ei­ni­ge Run­den. Fa­ti­ma hat die Dis­kus­si­on zwar auch zu Hau­se schon ge­führt, aber nun lässt die Di­rek­to­rin es gar nicht als Aus­druck von Iden­ti­tät, Mo­de­be­wusst­sein oder […]

Hiyab



"… ich bin verliebt und hab' keinen Plan, ob es dich gibt" – Ein Musikvideo vom "Date Duell" zum Liebeslied an die unbekannte Zukünftige: Eine Anregung zum Träumen, Phantasieren und Spinnen. Das Mu­sik­vi­deo zum Lie­bes­lied: Der Text al­lein ist be­reits vol­ler an­re­gen­der Ideen und das Vi­deo be­gnügt sich nicht da­mit, ein paar il­lu­strie­ren­de Bil­der zu lie­fen, son­dern er­zählt dazu eine ganz ei­ge­ne Ge­schich­te, die das glei­che The­ma ganz an­ders auf­gleist und den Text den­noch trifft. Im Song­text spricht Cro zu sei­ner – ihm noch un­be­kann­ten – zu­künf­ti­gen Part­ne­rin, die (wie aus der Zu­kunft be­trach­tet) be­reits klar als […]

Traum – Cro


"Für jeden Zahn gibt mir Mama fünf Franken." – Die einzigen Menschen, die in diesem filmischen Lehrstück zum Thema Vergeltung die primitive Spirale der Gewalt durchbrechen, müssen ziemlich Zähne lassen. Aber am Ende lachen sie, gemeinsam! Das grob­kör­ni­ge Bild und die quiet­schi­gen Far­ben si­gna­li­sie­ren es so­fort: Dies ist kei­ne all­täg­li­che Ge­schich­te, son­dern eine Pa­ra­bel über Ge­walt, Ge­gen­ge­walt und Ver­gel­tung, über Aus­län­der­feind­lich­keit und ri­va­li­sie­ren­de Ju­gend-Clans. Nicht nur die Far­ben, son­dern auch die Kli­schees sind voll auf­ge­dreht und zei­gen die ver­schie­de­nen Ak­teu­re über­poin­tiert und pla­ka­tiv. Die Neo­na­zis flüch­ten vor der Po­li­zei und ver­prü­geln Aus­län­der. Die Aus­län­der ("Ju­gos" vs. "Bim­bos") prü­geln sich un­ter­ein­an­der und […]

Zahn um Zahn



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"He is genuine, you know?" – Die Authentizität des Bewerbers erweist sich daran, dass er mehr will als nur Geld. Und dass er in der Lage ist, dem behinderten Sohn des Geschäftsführers ernsthaft, fair und humorvoll zu begegnen. Ein schöner Kurzfilm zum Thema Inklusion. Der An­walt Tho­mas Ho­well sitzt im Foy­er ei­ner gros­sen An­walts­kanz­lei und war­tet auf sein Vor­stel­lungs­ge­spräch. Er re­agiert über­rascht bis un­gläu­big, als ein jun­ger Mann mit Down-Syn­drom ihn be­grüsst, sich als "Ja­mes" vor­stellt und ihn zum Vor­stel­lungs­ge­spräch be­glei­ten will. Als die bei­den in ei­nem mit Spiel­fi­gu­ren und bun­ten Bil­dern de­ko­rier­ten Büro sit­zen, ver­läuft […]

The Interviewer


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"Räum' deine Spielsachen weg!" – In der Aufforderung der sterbenden alten Frau an ihren erwachsenen Sohn überlagern sich die Zeitebenen: Angesichts des Sterbens und im Sterben ist alles Medizinische doch nur Spielzeug. Als mit­ten in der Nacht das Te­le­fon klin­gelt, weiss er so­fort, dass sei­ne Mut­ter im Ster­ben liegt. Ge­mein­sam mit sei­ner Frau kommt er bei sei­ner Schwe­ster an, wo die Mut­ter liegt. Er funk­tio­niert zu­nächst in sei­ner Be­rufs­rol­le als Arzt, er gibt An­wei­sun­gen und ver­ab­reicht Me­di­ka­men­te. Als die Mut­ter dra­ma­tisch mit dem Ster­ben ringt, wird sei­ne Hilf­lo­sig­keit über­deut­lich. Erst die aus­sen­ste­hen­de Schwie­ger­toch­ter weist den Weg, auf dem die alte Frau in Frie­den […]

Alumbramiento



"mheaägh!" – auch bei geschlossenem Reissverschluss bricht die Pubertät sich hin und wieder Bahn. Der tem­po­rei­che Ani­ma­ti­ons­film rast in (et­was mehr als) ei­ner Mi­nu­te durch die Ver­än­de­run­gen, Ver­ir­run­gen, Ex­pe­ri­men­te und Aben­teu­er ei­ner (männ­li­chen) Pu­ber­tät, be­glei­tet von ei­ner mit­reis­sen­den Mu­sik- und Ton­spur. Da­bei ist der Film nicht nur gut be­ob­ach­tet, son­dern spricht auch durch die ex­pres­si­ve Ani­ma­ti­on und sei­ne über­ra­schen­den Über­gän­ge an. Der Film eig­net sich in be­son­de­rer Wei­se, um – ins­be­son­de­re in rei­nen Jun­gen-Grup­pen – die ver­schie­de­nen Ver­än­de­run­gen und Er­fah­run­gen in­ner­halb der Pu­ber­tät hu­mor­voll und ent­la­stend zu the­ma­ti­sie­ren. Zu­nächst wäre es sinn­voll, im Un­ter­richt ein In­ven­tar der fil­misch ge­zeig­ten Aspek­te […]

One Minute Puberty


Wenn die sprichwörtliche Leiche im Keller tatsächlich ein riesiger Hase im Wohnzimmer ist, dann ist das zwar auch nicht so einfach, aber es besteht noch Hoffnung! Ein Film über Ängste und Unsicherheit, Einsamkeit und Beziehung. Als es an der Tür klin­gelt, schaut der Mann zu­nächst durch das Guck­loch, be­vor er die mehr­fach ver­schlos­se­ne und ver­rie­gel­te Tür öff­net. Draus­sen steht eine Frau, die ihm wort­los lä­chelnd eine lee­re Zucker­do­se ent­ge­gen­streckt. Die bei­den schau­en sich an, freund­lich in­ter­es­siert, doch da klap­pert und knallt es hin­ter dem Mann in der Woh­nung. Der Mann schnappt sich die Zucker­do­se und knallt die […]

Red Rabbit



"Alright, I give you the runt. But you take care of it, and you kill it next year" – Ein nicht ganz so leicht verdaulicher Film, der sich zwischen Haustier-Streicheln und eigener Metzgerei im Keller abspielt. Die dicke Hä­sin be­kommt Jun­ge, der schmäch­ti­ge Va­ter und der klei­ne Jun­ge sind für­sorg­lich da­bei. Da legt sich der rie­sig-dicke On­kel wie ein schwar­zer Schat­ten über die Idyl­le: Das klein­ste Jun­ge will er tö­ten, doch der klei­ne Jun­ge jam­mert. So ei­ni­gen sich die bei­den auf ein Jahr Gal­gen­frist und der Wicht von ei­nem Jun­gen zieht den Wicht von ei­nem Ha­sen auf. – […]

The Runt


"Die besten Christen sind Atheisten" – Ein bunter Bilderrausch voller Bildzitate zu einem Text, der es in sich hat. Ein grandioses Musikvideo zum Thema Religionskritik und Atheismus, das harte Kritik äussert und ernsthafte Anfragen stellt. Der äus­serst dich­te bern­deut­sche Rap­text rech­net mit christ­li­chen Glau­bens­in­hal­ten ab und be­schränkt sich da­bei nicht auf die Kri­tik an Ver­kirch­li­chung, Kirch­lich­keit und kirch­li­chen Macht­an­sprü­chen, son­dern wen­det sich auch in­halt­lich ge­gen Glau­ben und Re­li­gi­on über­haupt. Der Text be­zieht da­mit eine ex­pli­zit athe­isti­sche Po­si­ti­on, knüpft aber in­ter­es­san­ter­wei­se an der Fi­gur des hi­sto­ri­schen Je­sus an, um Wer­te und ethi­sche Ma­xi­men wie Gleich­heit, Men­schen­wür­de, Ge­mein­schaft und Näch­sten­lie­be […]

La Ga La Si – Tommy Vercetti



"Mach doch mal das Scheiss-Ding aus!" – Eine Fabel über die zwischenmenschliche Kommunikation als animiertes Reality-TV aus dem WG-Container. Nas­horn, Nil­pferd und An­ti­lo­pe wer­fen das Kro­ko­dil aus der Wohn­ge­mein­schaft. Doch die zwi­schen-tier-li­che Kom­mu­ni­ka­ti­on ist nicht so ein­fach: Al­les Be­mü­hen um eine ei­ni­ger­mas­sen an­stän­di­ge Be­grün­dung lässt je­doch nur umso deut­li­cher zu Tage tre­ten, wie un­durch­dring­lich-un­aus­sprech­bar die Kon­flikt­la­ge ist. Das sehr he­te­ro­ge­ne Fi­gu­ren­in­ven­tar des Films ist durch vier ver­schie­de­ne (wil­de) Tie­re um­ge­setzt, die ein ent­spre­chend ver­schie­de­nes Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Kon­flikt­ver­hal­ten zei­gen. Wie sind die ein­zel­nen (Tier-) Fi­gu­ren zu cha­rak­te­ri­sie­ren? Wel­che wah­ren Mo­ti­va­tio­nen ste­hen hin­ter ih­ren vor­ge­brach­ten Äus­se­run­gen? Zahl­rei­che Ge­stal­tungs­ele­men­te des Films spie­len auf das Gen­re Rea­li­ty-TV […]

Kein Platz für Gerold


El Empleo: jene Anstellung, in der sich die Hauptfigur des Films befindet, scheint von eminenter Bedeutung zu sein. Aber das wäre ein Irrtum! Der Ar­beits­tag ei­nes Man­nes be­ginnt, aber das ar­beits­tei­li­ge Sy­stem ist schon längst in Gang. Zu­nächst scheint sich in der schockie­ren­den Er­nied­ri­gung zahl­rei­cher An­ge­stell­ter die un­ge­heu­re Er­hö­hung der Haupt­fi­gur zu er­wei­sen, doch auf dem Ar­beits­weg wird deut­lich, dass die gan­ze Ge­sell­schaft auf der In­stru­men­ta­li­sie­rung von Men­schen ge­grün­det ist. Auch die An­stel­lung des Prot­ago­ni­sten be­inhal­tet nur die Funk­tio­nen ei­nes Fuss­ab­tre­ters. Erst im Ab­spann des Films weist ein klei­ner Aus­bruch die Rich­tung. Der Film könn­te in ei­ner er­sten Vi­sio­nie­rung zu­nächst ohne Ab­spann ge­zeigt […]

El Empleo



Die sprichwörtliche "Nuit Blanche" findet nur in der Phantasie statt. Oder sehr real als eine je einsame schlaflose Nacht zweier Menschen, die darüber nachsinnen über eine zurückliegende Entscheidung: "Was wäre gewesen, wenn …?" Fei­er­abend. Ein Mann steht auf der Stras­se und blickt zum Fen­ster ei­ner Bar auf der Stras­sen­sei­te ge­gen­über. Im In­nern der Bar sitzt eine Frau bei ei­nem Glas Rot­wein. Durch das Fen­ster und über die Stras­se hin­weg schau­en die bei­den sich an. – Und dann ge­hen sie los, alle bei­de: ent­schlos­sen, un­be­irr­bar, un­auf­halt­bar, auf­ein­an­der zu. Sie las­sen al­les hin­ter sich, nichts kann sie auf­hal­ten, nichts kann sie von­ein­an­der […]

Nuit Blanche